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Serienperlen zum Neu- oder Wiederentdecken

«4 Blocks» – Jenseits von Gut und Böse

Ein brutaler Araber-Clan treibt in Berlin-Neukölln sein Unwesen. «4 Blocks» zeigt die Realität schmerzhaft genau.

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4Blocks

Gesicht von «4 Blocks»: Kida Khodr Ramadan als charismatischer Clanboss Toni Hamady.

ZVG

Sie tragen Bart, dunkle Sonnenbrillen und kurven im Mercedes AMG durch Berlin-Neukölln. Der Hamady-Clan um Anführer Toni (Kida Khodr Ramadan) hat das Viertel im Würgegriff: Mit Drogenhandel und Prostitution verschaffen sich die Hamadys Kohle und Respekt. Auch vor Gewalt schrecken sie nicht zurück.

Vor allem Tonis Bruder Assad (Veysel Gelin), ein aggressiver Testosteronbolzen, ist nur schwer kontrollierbar und bringt den Clan mit einem Polizistenmord in Gefahr.

Schon lange hat die Polizei die Machenschaften der libanesischen Familie Hamady im Auge. Kommissar Hagen Kutscha (Oliver Masucci) und sein Team schleusen den verdeckten Ermittler Vince (Frederick Lau) in den Clan ein. Weiteres Ungemach droht den Hamadys von der Rockergang Cthulhu, die ihnen das Drogengeschäft streitig machen will. Dabei fliegen Fäuste und Kugeln, und es fliesst Blut.

Die Ausgangslage der ersten Staffel von «4 Blocks» tönt an sich nicht aussergewöhnlich. Bandenkriminalität in Berliner Problemvierteln – alles schon gehört, deutsche Zeitungen sind voll davon. Was die Dramaserie aber so unwiderstehlich macht, ist die Vermischung von Gut und Böse.

Ist Toni Hamady wirklich ein skrupelloser Gangsterboss, der ohne mit der Wimper zu zucken über Leichen geht, um an noch mehr Geld zu kommen? Als Zuschauer ist man auch in intimsten Momenten dabei: wenn Toni seinem Töchterchen ein Velo kauft, mit ihr vor dem Fernseher einschläft und seiner Frau ein besseres Leben verspricht. Ein braver Bürger wie Tausende andere.

«4 Blocks» zeigt damit die Probleme von Einwanderern in Deutschland auf, die jahrelang keine legale Möglichkeit zum Arbeiten haben. Die Kriminalität entpuppt sich als Geldquelle, die man so lange wie möglich nutzen muss, um genug für eine sichere Zukunft abzugreifen. Und dann gilt es, irgendwie den Ausstieg zu schaffen.

Die Nähe und Authentizität, die die Serie vermittelt, ist bestechend. So überrollte die erste Staffel 2018 die deutsche TV-Welt wie ein Tsunami. Die Zuschauer jubilierten, die Kritiker stimmten ein, es hagelte Preise (u. a. den Deutschen Fernsehpreis sowie den Grimmepreis für Hauptdarsteller Kida Khodr Ramadan und Regisseur Marvin Kren).

Auch Prominente meldeten sich begeistert zu Wort. Jogi Löw, Trainer der deutschen Fussball-Nationalmannschaft, berichtete, die ganze Mannschaft schaue sich «4 Blocks» an. Der britische Komiker und Chefzyniker Ricky Gervais bezeichnete die Serie auf Twitter schlicht als «verdammtes Meisterwerk».

Für Staffel 2 stiess u. a. Regisseur Oliver Hirschbiegel («Der Untergang») für drei Folgen dazu, die hohen Erwartungen nach der ersten Staffel konnten nicht mehr ganz erfüllt werden. War das nun eine realistische Darstellung des Problemviertels Neukölln? Oder einfach ein krass gemachter Gangster-Trip? Das muss nach den drei Staffeln jeder für sich entscheiden.

Indiskutabel ist der grossartige Cast. Noch heute wird Kida Khodr Ramadan auf Facebook von Typen angefragt, ob sie für ihn arbeiten und in Berlin Koks verticken könnten.

4 Blocks ★★★★★

Netflix | Dramaserie | 3 Staffeln | D 2017–2019

Mit Kida Khodr Ramadan, Veysel Gelin, Maryam Zaree, Almila Bagriacik u. a.

Familienbandengeschichte mit unwiderstehlicher Sogkraft.

ab 13. Dezember 2023

TELE
Simone ReichMehr erfahren
Von Simone Reich am 4. Dezember 2023 - 01:02 Uhr