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Im Westen nichts Neues – An der Front verheizt

Die erste deutschsprachige Adaption des weltberühmten Romans.

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Im Westen nichts Neues

Paul (Felix Kammerer) im Niemandsland der Schützengräben.

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Wenn Filmemachern nichts Neues einfällt, greifen sie gerne auf Klassiker zurück. Und so einer ist der Roman von Erich Maria Remarque auf jeden Fall: «Im Westen nichts Neues» – 1928 als Appell gegen den Krieg geschrieben, von den Nazis geächtet und 1930 von Lewis Milestone glorios verfilmt. Jene Adaption war ein früher Tonfilm, und entsprechend hingen manche Schauspieler noch im Stummfilm-Modus fest. Doch das Thema fährt ein und ist trotz seiner Ansiedlung im Ersten Weltkrieg eigentlich zeitlos.

Nach einer passablen TV-Adaption im Jahr 1979 kommt nun die dritte Verfilmung und die erste in Remarques Muttersprache Deutsch. Gleich geblieben ist indes ein Grossteil der Handlung: Angetrieben von den patriotischen Reden seiner Lehrer, meldet sich der 17-jährige Paul Bäumer (Felix Kammerer) mit seinen Freunden zum Kriegsdienst. Er kommt an die Westfront, wo sich die Deutschen einen blutigen und zermürbenden Stellungskrieg gegen die Franzosen liefern.

Zu dieser Geschichte fügt Regisseur und Drehbuchautor Edward Berger noch die historisch-politische Einbettung hinzu, die im Roman fehlt. Sie dreht sich um den Politiker Matthias Erzberger (Daniel Brühl), der die Delegation leitet, die in Frankreich einen Waffenstillstand aushandeln soll. Dies beruht zwar auf Tatsachen und ist historisch gesehen so interessant, dass es einen eigenen Film rechtfertigen würde – aber es lenkt zu oft von der Haupthandlung ab. Und weil Erzberger aus Württemberg stammt, legte sich Darsteller Daniel Brühl einen schwäbischen Akzent zu, der ab und zu unfreiwillig komisch klingt.

Doch eben: Die Hauptgeschichte und damit auch der Kern des Romans funktioniert. Die Schauspieler suhlen im Schlamm der Westfront, Berger inszeniert mit dem Realismus, den man aus heutigen Kriegsfilmen von «Der Soldat James Ryan» bis «1917» kennt, und manche Szenen prägen sich nachhaltig ein. In einer etwa, in der Paul versucht, einen gegnerischen Soldaten zu töten, aber von ihm ablässt und dann minutenlang das qualvolle Dahinsiechen seines Opfers miterleben muss.

Oder eine andere Szene – die nicht dem Buch entstammt –, in der französische Panzer auftauchen und Flammenwerfer das Schlachtfeld in ein loderndes Inferno verwandeln. Gelungen auch die allererste Sequenz, in der ein gefallener Soldat an der Front in einem Massengrab verbuddelt wird, seine Uniform und seine Stiefel von Näherinnen zusammengeflickt werden, um dann an einen neuen Soldaten zu gehen – der Kreislauf des Kanonenfutters.

Im Westen nichts Neues ★★★★☆

Netflix | Kriegsdrama

Mit Felix Kammerer, Albrecht Schuch, Daniel Brühl

D 2022, ab 28. Oktober 2022

Von Marco Spiess am 20. Oktober 2022 - 14:18 Uhr